Reinhard Mey - Bunter Hund (2007)

Alles neu macht der Mey, pardon, Mai: Dass Reinhard Mey etwa alle zwei Jahre ein neues Album veröffentlicht, und zwar stets im Mai, ist eine der kleinen Doppelbödigkeiten, die ihn charakterisieren und so sympathisch machen. Bei ihm haben sich Kalauer und leise Töne, Humor und Tiefgründigkeit noch niemals ausgeschlossen. Eine Haltung, die er sich auch auf seinem mittlerweile 24. Studioalbum Bunter Hund bewahrt hat.

Reinhard Mey ist nicht nur bekannt wie ein Bunter Hund, sondern eine Institution. Ein Anwalt gesunden Menschenverstands und Bollwerk gegen Alltagswahnsinn wie Schnitzeljagden durch deutsche Wohnzimmer auf der Suche nach dem Superstar oder ähnliche Phänomene mit der Lebenserwartung von Fruchtfliegen. Reinhard Mey gehört zu jenen, die aus ihrer Verachtung keinen Hehl machen, von den falschen Leuten gemocht zu werden; -die Nominierung des ECHO in der Kategorie Schlager- und Volksmusik schlug er kurzerhand aus. So wie er auch nicht davor zurückschreckte, Betreibern von Fanseiten mit seinen Anwalt zu drohen, woraufhin diese aus dem Internet verschwanden. Na also, geht doch! Vielleicht übt Reinhard Meys persönliche Überzeugung eine magische Anziehungskraft auf sein Publikum aus, nämlich jene, dass man die Welt gegen diverse Scheußlichkeiten erfolgreich verteidigen kann, -ob mit einem festen Standpunkt oder einem guten Lied. Auf Bunter Hund finden sich dafür einige positive Beispiele. Beim Blättern im Booklet bestätigt sich Reinhard Meys Ruf als fulminanter Geschichtenerzähler. „Der Fischer und der Boss“, seiner Affinität zum Meer geschuldet (immerhin war Mey im Jahr 2000 offizieller Botschafter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger) erzählt gleichnishaft von der Versuchung eines Fischers und dessen Untergang. Das Chanson “Kai“ beschreibt mit bedrückender Aktualität die Empfindungen von Eltern, die ihren Sohn beim Einsatzflug auf einer Friedensmission verloren haben. Doch nicht nur nachdenkliche Töne finden sich auf dieser 71 minütigen CD, sondern auch Lieder mit humorvollem Inhalt, wie “Ich brauch einen Sommelier“ oder “Ich bin verliebt in meine Sekretärin“. Einziger Wermutstropfen: Bunter Hund ist auf textlicher Ebene aufregender, als auf musikalischer. An die Höhenflüge von “Über den Wolken“ kann keines dieser Stücke anknüpfen. In den Arrangements dominiert Gitarrenspiel, zuweilen in Begleitung von Bass, Schlagzeug und Pedal Steel Guitar, sowie einem Chor (“Drei Jahre und ein Tag“). Dennoch: Bunter Hund ist eine Entdeckung der Langsamkeit und belohnt den Zuhörer zum Abschluss mit einer unverhofften Überraschung. Rund vier Minuten nach dem “offiziellen“ Ende erklingt ein Bonus-Track, ein Chanson in französicher Sprache mit einfacher Gitarrenbegleitung, das sich als das schönste Stück der gesamten CD erweist. Andreas Schultz